Die Abkehr von Zimmerkategorien

Juli 2021, Carina Stegmayer, Markus Müller, beide Gründer von GauVendi

Chancen des Attribute Based Selling oder des Merkmalsbasierten Zimmerverkaufs

Warum sollten Hoteliers die Art und Weise, wie sie ihr Zimmerinventar verwalten, überhaupt ändern? Die einfache Antwort lautet: Sie können ihren Umsatz steigern, wenn sie granularer verkaufen und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit zunimmt, da die Gäste die Möglichkeit haben, für sie relevante Zimmermerkmale selbst auszuwählen.

Durch die Abkehr von traditionellen Zimmerkategorien und das Einrichten eines granularen Inventaransatzes können Hoteliers verschiedene neue umsatzgenerierende Möglichkeiten abdecken. Hierzu gehören:

  • Neue Revenue-Management-Taktiken durch die höhere Anzahl von Preispunkten
  • Upselling-Lösungen von Zimmermerkmalen und Dienstleistungen
  • Automatische Zimmerzuweisung und Vermeidung kostenloser Upgrades
  • Klare Differenzierung der eigenen Vertriebskanäle im Vergleich zu Drittkanälen

Das Ergebnis ist die Stärkung des Markenwerts durch positive Gästeempfehlungen und damit auch eine höhere Chance auf wiederkehrende Gäste.

In der Vergangenheit gab es viele gute Gründe dafür, Zimmerinventar vereinfacht darzustellen und zu verkaufen. Allerdings hat sich die Technologie mittlerweile deutlich verbessert und erlaubt es Hoteliers nunmehr, ihre Vertriebsstrategie neu zu erfinden, durch die Digitalisierung des Inventars mit all seinen Einzigartigkeiten und den direkten Verkauf über die eigenen Kanäle!

Mit einem granularen Inventar schaffen Hoteliers eine echte Differenzierung gegenüber Drittanbietern und können etwas verkaufen, was nur durch sie angeboten werden kann und bisher nur per E-Mail oder Telefon verkauft werden konnte. Dies war aber auch nur möglich, wenn der Verkäufer die Zimmer und ihre Ausstattung genau kannte.


Produktverkaufsansatz in anderen Branchen

Andere Branchen haben aus ihren Krisen gelernt und bereits vor Jahren ihren Online-Verkaufsprozess optimiert, um dem „Connected-Consumer“ gerecht zu werden:

In der Airline-Industrie fehlten aufgrund eines nicht-differenzierbaren Produkts weitere Möglichkeiten des Upsellings zur Steigerung der Umsätze. Inzwischen ist es durch die Einführung des Attribute Based Selling und ein gezieltes Upselling nach der Buchung gelungen Umsätze zu steigern.
Der Einzelhandel kam durch die fortschreitende Digitalisierung und Vorreiter wie Amazon immer mehr in Zugzwang, ein ansprechendes Online-Verkaufserlebnis zu ermöglichen. Mittlerweile können Kleidungsstücke virtuell anprobiert und viele Produkte nach Kundenbedürfnissen personalisiert werden.

Neue Verkaufsansätze in der Hotellerie

Attribute Based Selling - Verwendung einer Zimmer-Basiskategorie und der Verkauf einzelner Zimmerattribute darauf (ABS-Ansatz):
Die Hotellerie diskutiert bereits seit geraumer Zeit die Adaption dieses von den Airlines bereits erfolgreich eingeführten Ansatzes zum Upselling. Bei diesem Ansatz basiert der Preis auf einer Zimmerkategorie mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner des ganzen Inventars (Basis/Standardzimmer). Der Bucher kann alle anderen Attribute, die für ihn relevant sind, hinzufügen. Das Prinzip besteht darin, zunächst das Basiszimmer zu einem Einstiegspreis auszuwählen und dann Attribute wie z. B. Bettentyp, Balkon, Klimaanlage, Verbindungstür, hohe Etage oder auch Dienstleistungen hinzuzufügen, die nicht mit der Kategorie zusammenhängen, wie z. B. frühes oder spätes Auschecken. Der Preispunkt eines jeden Attributs ist in der Auswahloption für den Bucher transparent ersichtlich. Die Anzahl und Art der gewählten Attribute erhöhen den Zimmerpreis entsprechend. Weitere Erläuterungen zum ABS-Ansatz finden Sie im folgenden Artikel von Hospitality Technology.
Einige der großen Hotelketten pilotieren bereits Beta-Versionen dieses Ansatzes, um ihre Renditemöglichkeiten weiter zu verbessern. Individualhotels oder kleineren inhabergeführten Ketten bleibt der Zugang zu diesen Systemen verwehrt.

Merkmalsbasierter Zimmerverkauf - ein gästezentrierter Erlebnisansatz:

Es handelt sich um einen neuen Ansatz, der nicht auf Zimmerkategorien basiert, sondern bei dem Zimmer nach Merkmalskombinationen gebündelt und zusätzliche Erlebnisdimensionen digitalisiert und kodifiziert werden. So können Zimmer sowohl mit ihren einzigartigen Merkmalen als auch mit einer reduzierten Anzahl von Merkmalen verkauft und auch unterschiedlich bezeichnet werden. Der Gast kann Präferenzen auswählen und bekommt entsprechende Zimmeroptionen als prozentuale Übereinstimmung angezeigt. Der Bucher hat dadurch die Möglichkeit, die für ihn beste Zimmerkombination auszuwählen, wobei die gebündelten Preispunkte der verschiedenen Zimmerattribute in der Gesamtheit angezeigt werden (also ohne den Preis der einzelnen Merkmale). Dieser Ansatz ermöglicht nicht nur den Verkauf von allen Zimmermerkmalen inklusive Verbindungszimmern, sondern auch jegliche Inventarkombinationen, die ein Hotel anbieten kann und möchte, wie z.B. „Zimmer nebeneinander“, „drei Zimmer gebündelt zu einer neuen Einheit“, usw. Auf natürliche Weise werden mehr Preispunkte geschaffen, indem Zimmer auf unterschiedliche Weise neu verpackt und durch verschiedene Etikettierung vermarktet werden.

Das Upselling findet auch hier während des Buchungsprozesses statt. Der Bucher kann Merkmalspräferenzen auswählen, ohne allerdings bereits eine Entscheidung darüber zu treffen, wie viel ihm diese tatsächlich wert sind. Durch diesen Ansatz, der künstliche Intelligenz nutzt, wird das Buchungserlebnis erlebnisorientierter und kundenzentrierter. Das Ergebnis: die Bedürfnisse der Gäste werden besser mit der Verkaufsstrategie des Hotels in Einklang gebracht.

Unterstützende Statistiken oder Studien zu Nutzerpräferenzen in Bezug auf Attribute oder Zimmermerkmale sind für die Hotelindustrie so gut wie nicht vorhanden. Da der merkmalbasierte Ansatz noch sehr neu ist und sich Merkmale von Haus zu Haus sehr unterscheiden können, ist das Sammeln von Datenpunkten ein entscheidender erster Schritt, um Preiselastizität und Nachfragemuster - welche Eigenschaften werden von welchen Nutzerprofilen bevorzugt - zu verstehen.

Vorteile der Abkehr von Zimmerkategorien

Die Abkehr vom Verkauf über Zimmerkategorien bringt eine hohe Zahl zusätzlicher Preispunkte am Point of Sale mit sich. Der Wert eines jeden Zimmermerkmals kann je nach Reisegrund und persönlichen Bedürfnissen unterschiedlich bewertet werden. Zum Beispiel kann das Reisen mit Begleitpersonen wie Ehepartner oder Familie, der Zweck der Reise oder persönliche Vorlieben die Wertwahrnehmung und Preiselastizität eines jeden Zimmermerkmals erheblich verändern.

Je mehr Preispunkte und Optionen dem jeweiligen Bucher intelligent angeboten und präsentiert werden können, desto höher werden die Buchungskonvertierung und der -wert sein.

Erst ein granulares Inventarmanagement ermöglicht auch ein differenziertes Inventarangebot nach Zielgruppen, eine individuelle Bepreisung sowie differenzierte Marketingaktivitäten. Neben zusätzlichen Preispunkten bietet ein neues merkmalsbasiertes Inventarmanagement somit auch die Möglichkeit, die eigene Marke aufzuwerten und eine neue Vertriebsstrategie zu verfolgen.

Erste Schritte für ein merkmalsbasiertes Inventarmanagement

Prinzipiell ist es zu empfehlen, das Inventar regelmäßig auf Aktualität hin zu überprüfen. Zimmer sind schließlich der Hauptumsatzträger von Hotels mit der höchsten Marge.

  • Nehmen Sie sich die Zeit, Ihr Inventar zu überprüfen, die Unterschiede zu identifizieren und alle bisher nicht dokumentierten Merkmale festzuhalten! Laden Sie hier eine Vorlage herunter, mit der Sie beginnen. Sie können diese natürlich auf Ihre Bedürfnisse anpassen.
  • Aktualisieren Sie Ihr Inventar in Ihren relevanten Systemen (PMS, IBE, CRS, etc.)
  • Definieren Sie die Art und Weise, wie Sie über Ihre direkten Kanäle verkaufen möchten. Am einfachsten ist es bei telefonisch oder per E-Mail eingehenden Reservierungsanfragen mit dem merkmalbasierten Zimmerverkauf zu beginnen.  


Im nächsten Schritt überprüfen Sie Ihre derzeitige Technologielandschaft. Sie erkennen so, welche Lösungen für den merkmalbasierten Verkauf bereits vorhanden sind und welche noch benötigt werden. Eventuell können auch mehrere existierende Lösungen durch ein einzelnes neues System ersetzt werden.

Kommen Ihnen derartige Kommentare bekannt vor?
Mit einem merkmalsbasierten Inventaransatz gehören solche Reviews der Vergangenheit an.

Die Abkehr von Zimmerkategorien
  • 18.07.2021

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