Ergänzung aus dem HSMA Magazin Facts & Faces

MICE Conversion Rate


Kaum ein anderes Thema bietet so viel Diskussionspotenzial, wird so häufig missverstanden oder vernachlässigt: die Conversion Rate, im Folgenden CR genannt.

Hartnäckig hält sich die Idee, dass doch bitte jeder Kunde, der eine Veranstaltung anfragt, auch buchen soll. Das entspräche einer Conversion Rate von 100%. Schließlich ist es für die Mitarbeitenden im Veranstaltungsverkauf aufwändig, ein Angebot zu erstellen und ggf. bei besonderen Anforderungen wie einem größeren Raum, nachzukalkulieren. Und dass die Veranstaltungsflächen möglichst stark ausgelastet sind, ist doch das Ziel eines jeden Verkaufsteams, oder?

Im Veranstaltungsverkauf geht es allerdings nicht darum, die Veranstaltungsflächen schnellstmöglich zu verkaufen, sondern an die Kunden zu verkaufen, deren Veranstaltungen den meisten Erlös bringen. Daher wird in der Regel vom Veranstaltungsverkauf geprüft, ob für die Anfrage des Kunden ein Angebot erstellt werden soll oder nicht. Deshalb werfen wir die Frage auf: Wollen wir wirklich jede Anfrage bzw. jedes Angebot konvertieren und ist insbesondere eine hohe Conversion-Rate erstrebenswert?

In unserem Expertenkreis haben wir bei unserem Austausch schnell erkannt, dass sich um das Thema MICE Conversion Rate vier grundlegende Themenfelder ergeben. Zuallererst brauchten wir jedoch eine klare Definition und einen Konsens, um den Diskurs zur MICE Conversion Rate zielgerichtet führen zu können.

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WIE WIRD DIE CONVERSION RATE BERECHNET?

Im ersten Schritt legten wir die Status der Anfragen bzw. Angebote fest, die unserer Betrachtung zugrunde liegen.

DEF                  DEFINITIV: Definitive Buchung; für die Anfrage wurde ein Angebot vom Hotel unterbreitet und der Kunde hat es akzeptiert.

LOS                  LOST: Nicht angenommenes Angebot; für die Anfrage wurde ein Angebot vom Hotel unterbreitet und der Kunde hat es nicht akzeptiert.

UNC                  UNABLE TO CONFIRM: Angebot nicht möglich; für die Anfrage kann kein Angebot vom Hotel unterbreitet werden, weil z.B. keine Kapazitäten mehr verfügbar sind.

REF                  REFUSED BUSINESS: Angebot nicht gewollt; für die Anfrage möchte das Hotel kein Angebot unterbreiten; die Anfrage des Kunden wird abgelehnt*

*Gründe für die Ablehnung einer Anfrage sind u.a. zu geringes Umsatzvolumen, zu geringer Deckungsbeitrag durch die Durchführung der Veranstaltung, die Annahme, dass noch attraktivere Anfragen eingehen, o.ä.

Zur Berechnung der Conversion Rate muss zuerst die Basiseinheit festgelegt werden. Grundsätzlich gibt es zwei Alternativen, wie die Basiseinheit der CR gewählt werden kann: Quadratmeter oder die absolute Anzahl der Anfragen bzw. Anzahl der Angebote.

Welche Information erhält man durch die Wahl der einen oder der anderen Basis?

Die Quadratmeteranzahl als Basis eignet sich für die qualitativ-quantitative Betrachtung (Wie viele und wie groß sind die Veranstaltungen?), zweitere für die rein quantitative Betrachtung (Wie viele?).

Auf Basis der absoluten Anzahl der Anfragen bzw. Angebote wird festgestellt, welche Anzahl der Anfragen bzw. Angebot in Geschäft umgewandelt wird. Die Aussagefähigkeit ist nur beschränkt, denn diese Kennzahl lässt keine Rückschlüsse auf die Attraktivität, Größe oder ähnliche Aspekte der angefragten Veranstaltungen zu. Auf diese Weise kann zumindest der Arbeitsaufwand im Veranstaltungsbüro quantifiziert werden. Zur Erarbeitung einer Strategie, um nachfrageorientiert Nachfrage zu steuern, eignet sich diese Basis nicht.

Auf Basis der Quadratmeter ist es möglich, die Conversion Rate als Indikator für eine nachfrageorientierte Preissteuerung zu nutzen.

Bei der Berechnung kann zwischen einem Netto- und einem Bruttowert unterschieden werden:

Netto Conversion Rate = DEF / (DEF + LOS)

Die NetCR zeigt auf, wie viele der Angebote bzw. angebotene Quadratmeter tatsächlich zu Vertragsabschlüssen führen und kann somit ein Indikator für Preisakzeptanz sein.

Brutto Conversion Rate = DEF / (DEF + LOS + UNC + REF)

Die Brutto-CR beschreibt das Verhältnis zwischen den tatsächlichen Vertragsabschlüssen und allen Anfragen bzw. angefragten Quadratmetern. Hier wird die Gesamtnachfrage betrachtet und somit das Gesamtpotenzial des Hauses berücksichtigt.

Der grundlegende Unterschied zwischen der Netto- und Brutto-CR ist, dass bei der Netto-CR nur die Anfragen mit in die Betrachtung einfließen, für die Angebote geschrieben werden, d.h. nur die tatsächlich angebotenen Quadratmeter werden erfasst. Die Anfragen, für die das Veranstaltungsbüro kein Angebot schreiben möchte, werden nicht berücksichtigt.

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WIE HOCH MÖCHTEN WIR DIE CONVERSION RATE EIGENTLICH HABEN?

Während unseres Austausches haben wir festgestellt, dass Conversion Rate nicht gleich Conversion Rate ist. Unabhängig davon, welche Betrachtung im Vordergrund steht: Die Conversion Rate ist

• eine Messgröße, die nicht (aktiv) gesteuert werden kann, sie kann lediglich indirekt durch die Steuerung des Preises (und durch weitere qualitative Aspekte) beeinflusst werden.

• das Resultat aus der Steuerung des Preises und weiterer Faktoren, die die Buchungsentscheidung auf Kundenseite beeinflussen.

Zuerst möchten wir euch auf die Verwechselung aufmerksam machen, die im Gespräch über die Conversion Rate so häufig vorkommt – ein möglicher Erklärungsansatz dafür, warum sich der Mythos der „möglichst hohen Conversion Rate“ so hartnäckig hält:

Der Begriff der Conversion Rate wird häufig im Zusammenhang mit Booking Engines (IBEs) für Zimmer auf der hoteleigenen Homepage genannt. Dort ist eine „hohe Conversion“ wünschenswert, wenn ein Hotel einen möglichst hohen Direktbucher-Anteil anstrebt, um unabhängiger von anderen Online-Vertriebskanälen zu werden. Die Conversion Rate einer IBE kann durch ein ansprechendes Design, Funktionalität und auf den Kunden angepasste Inhalte positiv beeinflusst werden. Natürlich spielt auch der Preis eine Rolle, ob die Anfrage über eine IBE konvertiert wird oder nicht. Bei diesem Blickwinkel auf die Conversion Rate geht es jedoch um die „Konvertierungsfähigkeit“ des Vertriebskanals. Wohingegen es im Kontext eines Revenue Managements bei dem Begriff Conversion Rate um die „Konvertierungs-fähigkeit“ des Preises geht. In der Praxis lässt es sich kaum voneinander trennen, weil anzunehmen ist, das Preis- und Qualitätsaspekte die Buchungsentscheidung beeinflussen. Beides zusammen führt, mit der richtigen Strategie, zwar zu einer Erlösoptimierung, ist jedoch nicht miteinander gleichzusetzen.

Wir fassen zusammen:

Wir sprechen von hoher Nachfrage, wenn die Nachfrageprognose (in Quadratmetern) größer ist als unsere verfügbare Fläche. Bei hoher Nachfrage können wir höhere Preise anbieten, die von einer geringeren Anzahl an Kunden akzeptiert werden. Die häufigere Ablehnung aufgrund des Preises spiegelt sich in einer geringeren CR wider. Ohne Preisvarianz könnte die Fläche z.B. zu 156% ausgelastet werden. In der Realität ist die maximale Auslastung bei 100% erreicht. Die gezielte Preissteuerung sorgt dafür, die Kapazität nicht nur vollständig (Punktlandung bei 100% Auslastung), sondern auch erlösoptimiert* auszulasten. Erlösoptimiert heißt hier: die höhere Zahlungsbereitschaft abschöpfen. Daher streben wir bei hoher Nachfrage eine geringere CR an.

Bei geringerer Nachfrage konvertieren wir mehr, um die Auslastung von 100% zu erreichen, d.h. die Conversion Rate liegt in der Regel höher.

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UNC & REF DATEN - DIE GAMECHANGER!

Wie im vorherigen Abschnitt deutlich wurde, betrachten wir die Conversion Rate aus der Perspektive des Revenue Managements. Wir im Expertenkreis sind uns einig, dass für eine dynamische Preissteuerung die Kenntnis der Nachfrage unerlässlich ist!

Dabei sind zwei Dimensionen zu betrachten: Wie viel Nachfrage? Und wann kommt sie? Die Kenntnis des Demand Levels wird zur Entscheidung über die Höhe der Preisanpassung herangezogen (Wie hoch ist der Preis, den ich durchsetzen kann?), wohingegen die Lead Time relevant für den Zeitpunkt der Preisanpassung ist (Wann kommen die attraktiven Anfragen?).

Oft wird im Veranstaltungsbüro auf das berühmte Bauchgefühl zurückgegriffen, wenn die Frage im Raum steht, wie viel Nachfrage noch eintrifft. Die UNC / REF Daten sind die Gamechanger bei der nachfrageorientierten Preissteuerung. Wir streben die niedrigere Conversion Rate an, wenn wir erkennen, dass die Nachfrageprognose (in Quadratmetern) höher als die verfügbare Fläche ist – aber dafür muss man erst einmal wissen, wann das der Fall ist. Diese Kenntnis kann nur dann erlangt werden, wenn die Gesamtnachfrage auf das Haus bekannt ist. UNC-Anfragen sind ein wichtiger Teil der Gesamtnachfrage.

Die gute Nachricht ist: Erfasst ihr die UNC-Daten, kann die Preissteuerung nie schlechter werden – sondern nur genauer. Denn dann tritt eine fundierte Datengrundlage an die Stelle des Bauchgefühls, auf der Entscheidungen getroffen werden können.

Obwohl diese Daten so wertvoll sind: Nur wenige Hotels erfassen sie – warum? Was sollte bei einer UNC-Anfrage eigentlich alles erfasst werden?

  • Kunde
  • Datum & Dauer der VA
  • PAX
  • gewünschte Zusatzleistungen wie Zimmer und Abendessen
  • Raumkapazität (Quadratmeterzahl)

Im Idealfall werden die Daten gleich im PMS bzw. Sales & Catering Modul erfasst, alternativ tut es auch eine Excel-Tabelle. Wählt das Medium, mit dem ihr die Daten anschließend auch für euch sinnvoll auswerten könnt.

Um zu verstehen, wieso diese Daten wichtig sind, muss man kein Revenue Nerd sein. Erklärt es euren Mitarbeitenden so einfach wie möglich, damit sie verstehen, WARUM diese Daten sauber erfasst werden sollten – denn das ist eine Gelegenheit für eure Mitarbeitenden direkt zum Unternehmenserfolg beizu-tragen.

Was ist der Mehrwert der REF Daten?

Wir gehen davon aus, dass die Ablehnung einer Anfrage erfolgt, wenn die Veranstaltung nicht attraktiv genug erscheint und das Bauchgefühl sagt „da kommt noch was Besseres“. Anhand der REF Daten kann abgeleitet werden, wann welche Veranstaltungen nicht konvertiert werden sollten: Sprich, zu welchen Zeiträumen gewisse Umsätze pro Veranstaltung bzw. pro Kopf vor dem Hintergrund der Nachfrage aus Hotelsicht nicht genügen. Durch diese Betrachtung können für bestimmte Perioden Mindestumsätze festgelegt oder Restriktionsregeln entwickelt werden. Außerdem lassen sich die Entscheidungen „aus dem Bauch“ heraus einmal ex-ante überprüfen und es kann festgestellt werden, ob das Bauchgefühl mit seiner Vermutung „da kommt noch was Besseres“ eigentlich richtig lag …

Die im REF- und UNC-Status gesammelten Daten können auch vom Sales Team genutzt werden, um Kunden zu gegebener Zeit erneut anzusprechen und diese nicht mehr „kalt“ akquirieren zu müssen: „Sie haben doch kürzlich bei uns angefragt …“

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MICE MARKTBEOBACHTUNG UND MITBEWERBER

Das Wettbewerbsumfeld von Hotels für MICE gestaltet sich analog zum Wettbewerbsumfeld im Logisbereich. Erfahrungen zeigen, dass es meist Hotels in A-Destinationen sind, die mit Häusern in anderen A-Destinationen, weiteren Häusern in der Destination und mit internationalen A-Destinationen konkurrieren. Je regionaler die Nachfrage der Hotels gelagert ist, desto eher spielt sich der Wettbewerb „am Platz“ ab.

Wir haben im Austausch festgestellt, dass der Preis im Vergleich zu anderen qualitativen Faktoren bei Veranstaltungen stark ins Gewicht fällt. Insbesondere an Standorten, an denen das Angebot groß ist. Wünschenswert wäre eine Analyse bei der untersucht wird, für welche Segmente der Preis die entscheidendere Rolle spielt und inwiefern der Standort darauf Einfluss nimmt.

Der Diskurs zur Conversion Rate hat deutlich gemacht, dass es sich vorteilhaft auswirken kann, das Risiko einzugehen und zu warten, bis die attraktive Anfrage kommt.

Ein CompSet zu bilden ist sowohl für den Logis- als auch für den MICE-Bereich möglich. Worin der Logisbereich dem MICE Geschäft jedoch voraus ist: Die Analyse des CompSet ist im Logisbereich aufgrund der Datenlage und diversen Rateshopper, die Preise von Portalen und sämtlichen Online-Vertriebskanälen „einsammeln“, deutlich leichter und bequemer. Auch ist es möglich durch diverse Kennzahlen, die von neutralen Anbietern bereitgestellt werden, auf die Auslastung der Mitbewerber zu schließen. Wie gern würden wir als Revenue Nerds auch für unser MICE Geschäft einen ARI, MPI und RGI berechnen?

Die Frage ist, warum Rateshopping und der CompSet Vergleich mit systemtechnischer Unterstützung überhaupt möglich ist: Im Logisbereich ist die Online-Vertriebslandschaft, insbesondere OTAs und Plattformen und die entsprechenden Revenue Intelligence Tools viel weiter entwickelt. Wir haben uns gefragt, ob es im MICE Bereich überhaupt einen Anbieter gibt, der neben Preisen auch über Nachfragedaten der Veranstaltungsflächen verfügt.

Auch für MICE CompSets sind regelmäßige Preisvergleiche, qualitative Mitbewerberanalysen, etc. manuell möglich. Wenn die Hotels es schaffen, auch im Veranstaltungsbüro nach und nach zu automatisieren, bleibt dort wieder mehr Zeit für Strategisches!

Im Logisbereich hat es ebenfalls einen Startpunkt für Revenue Management gegeben, der aktuelle Stand der Entwicklung ist das Resultat einer großartigen Entwicklung. Packen wir es für MICE an?!

MICE Conversion Rate
  • 30.05.2022
  • Ergänzung aus dem HSMA Magazin Facts & Faces

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