Zwischen Fairness und Verantwortung
WAS DIE KLAGE GEGEN BOOKING.COM FÜR DIE HOTELLERIE BEDEUTET
Liebe Mitglieder,
Es gibt Momente, in denen eine Branche innehält. Nicht, weil sie will – sondern weil sie muss. Der aktuelle Vorstoß mehrerer europäischer Hotelverbände, angeführt von HOTREC und getragen vom Hotelverband Deutschland, gegen die Buchungsplattform Booking.com ist ein solcher Moment. Es geht um langjährig angewandte Bestpreisklauseln, um vertragliche Klammern, die Hoteliers dazu zwangen, ihre Angebote auf den eigenen Webseiten nicht günstiger zu machen als auf der Plattform. Eine Praxis, die – trotz längst ausgesprochener Untersagung – weiterhin wirtschaftlich nachhallt.
Dass nun rechtlich gegen dieses Geschäftsgebaren vorgegangen wird, ist nicht bloß ein juristisches Manöver. Es ist ein Schritt in Richtung wirtschaftlicher Eigenständigkeit, ein Versuch, unternehmerische Freiheit zurückzugewinnen – in einem Markt, der zunehmend von Plattformlogiken geprägt ist.
Wir verdanken den OTAs viel. Sie haben Märkte geöffnet, Sichtbarkeit geschaffen und auch kleinen Betrieben Zugang zu einem internationalen Publikum ermöglicht. Die Geschichte der digitalen Transformation der Hotellerie wäre ohne Booking.com & Co. kaum denkbar. Aber: Diese Entwicklung war nie neutral. Sie war begleitet von stillschweigenden Abhängigkeiten – teils strategisch hingenommen, teils aus Bequemlichkeit ignoriert.
Wir haben zu oft in der Komfortzone der Plattformökonomie verharrt, statt den Direktvertrieb selbstbewusst weiterzuentwickeln. Heute zahlen wir den Preis – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in Form eingeschränkter Handlungsspielräume.
Doch wichtig zu wissen ist: Wer schweigt, verliert – dies bringt HSMA #LegalRockstar Peter Hense einem Beitrag auf Tageskarte.io auf den Punkt: Untätigkeit könnte für viele Hoteliers teuer werden (zum Artikel). Wer sich nicht rechtzeitig der Sammelklage anschließt, riskiert, berechtigte Entschädigungsansprüche zu verlieren. Hinzu kommt: Die Branche darf sich nicht darauf verlassen, dass andere für sie kämpfen. Verjährungsfristen kennen keine Solidarität. Sie sind präzise – und endgültig.
Das ist kein Aufruf zur Empörung, sondern zur Mündigkeit. Es geht nicht um Rache an einer Plattform. Es geht um das Wiedergewinnen einer Balance, die in der Digitalisierung verloren gegangen ist.
Die Klage ist Ausdruck eines Strukturbruchs: Die Branche erkennt, dass Partnerschaft und Abhängigkeit nicht dasselbe sind. Dass Sichtbarkeit kein Ersatz für unternehmerische Autonomie ist. Und dass digitale Souveränität nicht geschenkt wird – sondern erarbeitet werden muss.
Niemand sollte glauben, Booking.com werde diesen Vorstoß tatenlos hinnehmen. Die Plattform wird reagieren, sich strategisch neu aufstellen, womöglich ihre Geschäftsmodelle anpassen. Umso wichtiger ist es, dass wir als Branche nicht zurückweichen, sondern eigene Antworten entwickeln.
Es wäre ein Fehler, diesen juristischen Schritt als Einzelfall zu betrachten. Er ist vielmehr ein Prüfstein für die Fähigkeit der Branche, aus der eigenen Geschichte zu lernen. Die Klage ist auch Symbol: für den Wunsch nach Fairness, nach selbstbestimmter Digitalisierung und nach einer Branche, die sich nicht länger kleinmacht.
Die Frage ist nicht, ob wir mitmachen. Sondern ob wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen – für unser Geschäftsmodell, für unsere Gäste, und für die Zukunft einer Branche, die längst gelernt hat, dass Unabhängigkeit das kostbarste Gut in einem digitalen Markt ist.
In diesem Sinne
Euer Team der HSMA Deutschland e.V.
PS: HIER könnt Ihr Euch der Sammelklage anschließen.
Zwischen Fairness und Verantwortung
- 23.06.2025