Fairplay in der Distribution

Mitten in der Krise steht die Hotellerie weiterhin vor einem Vakuum – private Reisen bleiben vorerst und bis auf Weiteres verboten.

Für die meisten Hotels, Pensionen und Hostels bedeutet diese Entscheidung der Bundesregierung, dass Betriebe weiterhin geschlossen oder auf Minimalbetrieb laufen und die Belegschaft weiterhin in Kurzarbeit verbleiben werden. So sehr wir alle diese notwendigen Maßnahmen verstehen und unterstützen, um unseren Beitrag zur allgemeinen Sicherheit weiterhin zu leisten, so sehr steigen die Existenzängste und die wirtschaftliche Bedrängnis der Unternehmer in unserer Branche.

Kurz vor der gestrigen Bekanntgabe des neuen Pandemieplans der Regierung sind einige OTA mit neuerlichen Maßnahmen ihrerseits – größtenteils als Forderung formuliert – an die Hotels herangetreten. So stehen Hotels nun vor einer durchaus herausfordernden Entscheidung. Hotels können entweder einem Gutscheinprogramm beitreten, welches es dem OTA weitreichend gestattet, Buchungen, getätigt vor einem bestimmten Tag und mit einer Anreise im Mai kostenfrei zu stornieren und dem Reisenden als Gutschein mit dem Gegenwert der Buchung auszustellen. Dieser Gutschein kann vom Reisenden dann auf der entsprechenden Plattform für eine zukünftige Buchung im selben Hotel eingesetzt werden. Oder die Entscheidung fällt gegen das Gutscheinprogramm und damit soll dem OTA das Recht eingeräumt werden, alle betroffenen Reservierungen unabhängig der Buchungsbedingungen kostenfrei zu stornieren.

Das Gutscheinprogramm wäre an sich keine schlechte Sache, wenn es in Absprache und auf Freiwilligkeit beruhen würde, denn es gibt sicherlich Betriebe in unserer Branche, die für eine alternative Umsatzsicherung – auch zu einem späteren Zeitpunkt – durchaus offen sind. Jedoch mit diesem Programm einen Wahlzwang zwischen Verschiebung oder Aufhebung zu verknüpfen, ist wenig partnerschaftlich und greift tief in das eigentliche Vertragsverhältnis zwischen Hotel und Reisenden ein.

Vor allem zu diesem Eingriff in das Verhältnis zwischen Leistungserbringer und Leistungsnehmer hat unser Legal Rockstar Peter Hense von der Kanzlei Spirit Legal sich bereits mehrfach in den vergangenen Tagen geäußert: „In diesem Vorgehen sehe ich einen klaren Rechtsbruch. Ein Vermittler (bspw. Booking oder Expedia) hat gar nicht die rechtlichen Möglichkeiten, den Beherbergungsvertrag zwischen Hotel und Gast eigenwillig umzugestalten und kann nicht einfach hergehen und Gutscheine ausgeben, für die ein anderer einstehen muss. Das ist eine „verkehrte Welt“. Dieses Eingreifen in die Beziehung zwischen Gast und Hotel dient einzig der möglichen Erhaltung einer gewissen Marktmacht, die die OTAs nicht verlieren wollen. Sie wollen sich beim Gast beliebt machen und fallen dabei den Hotels in den Rücken.“, so Peter Hense von Spirit Legal.

Hinzu kommt die wirtschaftlich aktuell besonders relevante Tatsache, dass einige Vertriebsplattformen die Kundengelder bereits im Voraus erhalten haben und mit der Ausgabe eines Gutscheins damit ihre eigene Liquidität sichern auf Kosten sowohl des Kunden wie auch des eigentlichen Leistungserbringers.

Auf Grund der sehr fragmentierten Gesamtsituation in unserer Branche mit Schließungen, Teilschließungen und Betrieben die weiterhin geöffnet haben, kann es keine durch Außenstehende erzwungene Vereinheitlichung und Wahlpflicht geben. Einzig der Leistungserbringer ist hier in der Lage, die für ihn passenden und sinnvollen Entscheidungen im Umgang mit Stornierungen zu treffen. Nur er allein kann und sollte die notwendige Abwägung zwischen betriebswirtschaftlichen und moralischen Aspekten durchführen.

Wir appellieren an alle unsere Mitglieder und an jeden Hotelier, sich sehr genau mit den aktuellen Forderungen der OTA auseinanderzusetzen. Prüft sachlich, inwiefern diese neuen Forderungen in eure eigene Geschäftsführung eingreifen und ob es sinnvoll und hilfreich ist, hier juristische Schritte gegen diese Forderungen einzuleiten. Es bleibt hierbei aber immer auch wichtig zu betrachten, welche behördlichen Auflagen für jeden einzelnen Betrieb gelten und diese in Relation zu einer möglichen Reaktion zu setzen. Wir müssen in jedem Fall deutlich die Grenzen ziehen und den OTA klarmachen, dass diese Phase enden wird und wir alles daransetzen werden, dass einer Rückkehr zur Normalität nichts im Wege steht – auch keine fragwürdigen Forderungen von Firmen, die sich in der Regel immer wenn es schwierig wird auf ihre Rolle berufen und uns spüren lassen, sie seien doch „nur“ der Vermittler und keine Vertragspartei. 

Als HSMA Deutschland e.V. versuchen wir mit allen betroffenen Vertriebspartnern einen konstruktiven Dialog herzustellen, unsere bisherigen Bemühungen und Gespräche blieben allerdings leider fruchtlos.

Wir halten euch auf dem Laufenden.



Fairplay in der Distribution
  • 05.05.2020

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